Leder in der Kälte


Laut Jens Spahn (CDU) sorgen die Teilnehmer der Pegida sich um ihre Zukunft, sorgen sich um Lebenshaltungskosten, niedrige Renten und hohe Krankenkassenbeiträge? Sie fühlen sich von unseren Politikern mit diesen Sorgen im Stich gelassen. Verständlich, aber was hat das mit einer angeblichen Islamisierung, mit Asylanten oder gar mit Migranten zu tun? Letztgenannte, so neueste Untersuchungen, brauchen wir schon aus dem Grund, damit unser Rentenniveau, eben auch das der Pegidas gehalten werden kann.

Und Vergleiche Spahns mit der Occupy-Bewegung hinken meiner Meinung nach. Occupyaktivisten ›besetzen‹ eben Plätze vor Banken und bringen so Protest und Kritik direkt an dafür zuständiger Stelle vor. Apropos. Im Weiterstädter Einkaufszentrum Loop eröffnet die Modekette Primark im September 2015 eine Filiale. Primark lässt Kleider auf Kosten der Ärmsten billig für unserer aller Chic produzieren. Falls diese Menschen einmal nach Deutschland kommen sollten, sei es, weil sie Arbeit suchen oder um Asyl bitten, dann sei den Pegidas schon heute gesagt: diese Menschen holen sich nur ein wenig von dem zurück, was ihnen zusteht, wo wir doch ihre Arbeitskraft und ihre Rohstoffe (ob Gewürze, Kaffee oder Tee) ausbeuten, Dinge, die wir für unseren Wohlstand brauchen. Übrigens darf man sich nicht wundern, wenn die Ideologie der Islamisten bei diesen Menschen auf fruchtbaren Boden fallen sollte. Dessen sollten sich die patriotischen Europäer bewusst sein.

Übrigens: was Patriotismus betrifft, ein Zitat von Heinrich Heine aus der „Romantischen Schule“. Dort heißt es, stark verkürzt: „(…) der Patriotismus des Deutschen hingegen besteht darin, dass sein Herz enger wird, dass es sich zusammenzieht wie Leder in der Kälte, dass es das Fremdländische hasst, dass er nicht mehr Weltbürger sein will, nicht mehr Europäer, sondern nur ein enger Deutscher sein will.“ Erschienen 1835! Man glaubt es kaum.
 (Als Leserbrief im Darmstädter Echo im Januar 2015 veröffentlicht)